RHEditorial Mai 2022
Einfach helfen
Ein Notfall. Ein geliebter Mensch, hochbetagt. Im Sessel sitzend, die Sprache undeutlich, über Schwindel klagend. Es waren eindeutige Zeichen: Ein Schlaganfall.
Der Rettungsdienst wurde gerufen, jetzt zählt jede Minute.
Innerhalb von Minuten waren sie da: Zwei Fahrzeuge, ein Rettungswagen und das STEMO. Das Stroke-Einsatz-Mobil ist ein voll ausgestatteter Notarztwagen mit Mini-
Labor und Computer-Tomografie an Bord, damit Schlaganfallpatienten so schnell wie möglich geholfen werden kann. In Berlin, die als erste Stadt weltweit im Jahr 2011
dieses Spezialfahrzeug einführte, sind heute drei STEMOs unterwegs, mit rund 6000 Einsätzen pro Jahr. Das Fahrzeug gehört zur Berliner Feuerwehr und ist an die
großen Berliner Kliniken angeschlossen.
Während ich die Hand hielt, konnte ich sehen, wie dieses Rettungsteam arbeitete, fünf junge Menschen, zwei Frauen und drei Männer. Darunter auch ein
hochprofessioneller Rettungssanitäter, der die Erstuntersuchung durchführte, analysierte und die nächsten Schritte einleitete. Alle fünf mit einem einzigen Ziel: Alles zu
tun, um dieses Leben zu bewahren. In so einem Moment erlebst du ein Gefühl von großer Dankbarkeit, den Menschen gegenüber, die Ihre Berufung zum Beruf machten.
Menschen, die jeden Tag und rund um die Uhr bereit sind, Leben zu retten.
Was für ein Land ist das, das dem Schutz und dem Bewahren menschlichen Lebens so großen Stellenwert beimisst? In Deutschland gab es auch andere Zeiten,
und die sind noch keine hundert Jahre her. Zeiten der Zerstörung und unvorstellbaren Leids. Haben wir daraus gelernt? Zumindest wird heute keiner mehr
zurückgelassen, jedes Menschenleben erscheint es uns wert. Ohne Unterschied, ob Kind oder Greis, ob Frau oder Mann, und welcher Herkunft auch immer. Das spricht
schon einmal für ein hohes Maß an Menschlichkeit, das spricht für unsere Werte und für unsere Zivilisation.
Wir schimpfen ja oft auf all das, was schief läuft im Land der Dichter und Denker und oft auch zu Recht. Aber, trotz aller Mißstände, und die gibt es ja auch bei der
Betreuung sehr alter Menschen: Wir können froh sein, in einem Land zu leben, das alles versucht, um auch 92-Jährige zu retten. In einer Zeit, in der nicht allzu weit
entfernt, ukrainische und russische Menschenleben nichts mehr wert erscheinen, in der die Menschlichkeit mit Füßen getreten wird.
Und wir können froh sein, dass wir das nicht am eigenen Leib erleben müssen. Ja, die vergangenen zwei Jahre haben den meisten von uns einiges abverlangt, ein hohes
Maß an seelischer Erschöpfung, Müdigkeit und schlechte Nachrichten im Dauermodus zehren an uns. Aber drehen wir den Scheinwerfer mal in die andere Richtung.
Beleuchten wir die Dinge, die gut sind, auf die wir stolz sein können, Dinge, die uns ausmachen – und die uns unterscheiden von brutalen Aggressoren.
Wenn WIR nicht sind wie sie, haben sie schon verloren.
Treten wir weiter für Frieden ein, Menschlichkeit ist unsere große Stärke.Und der Wille, anderen zu helfen.
Der Mai gilt ja als Wonnemonat.Ich denke, er wird uns die Kraft geben, die wir alle brauchen!
In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich
Ihr
Ernst-M. Ehrenkönig
CEO/ Managing Partner