RHEditorial September 2021

Das helle Deutschland

Deutschland hat ein Problem mit der Vergangenheit. Das wundert nicht, belasten uns doch zwei finstere Kapitel aus dem 20. Jahrhundert. Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck sprach 2015 in diesem Zusammenhang auch von einem „Dunkeldeutschland“, das einem hellen Deutschland gegenüberstehe. 

 

Wir haben aber auch dann ein Problem mit der Vergangenheit, wenn wir dort nach Lösungen für die Zukunft suchen. Wenn wir glauben, was schon einmal schief gegangen ist, eigne sich vielleicht doch dafür, es ein zweites Mal zu versuchen. Nach dem Motto: So schlimm ist es vielleicht doch nicht gewesen. 

 

In der Corona-Pandemie hat der starke Staat ein Comeback erlebt, in dem er ohne Zustimmung des Parlaments Verhaltensregeln für seine Bürger anordnete und unser aller Freiheitsrechte damit massiv einschränkte.  Viele von uns bewerten das als übergriffig und bevormundend, mindestens jedoch als zwiespältig.  Für die Finanzierung der Corona-Milliarden sind Steuererhöhungen angekündigt, in Baden-Württemberg werden Bürger dazu aufgerufen, mögliche Steuersünder anonym zu Anzeige zu bringen.  Zu denunzieren. Hier spätestens beginnt sie, die Reise in die dunkle Vergangenheit. 

 

Neulich sprach ich mit einem unserer Geschäftsfreunde über die Zeit unmittelbar nach der Wende im November 1989. Er kam mit seiner Ehefrau aus München nach Potsdam, um dort ein Filialnetz seiner Bank aufzubauen und erlebte dabei auch die ganze sozialistische Tristesse: Baufällige Häuser, heruntergekommene Straßen, den Gestank der Kohleöfen und abends diese unglaubliche Finsternis, weil in den Straßen der Stadt kaum Lichter brannten. Alles, aber auch alles war grau. „Dunkeldeutschland“ nannten die „Wessis“ das in den frühen 1990er Jahren.

 

Und heute, rund dreißig Jahre später? Blüht Potsdam wieder und viele andere Städte der ehemaligen DDR tun das auch.  Eine freie und soziale Marktwirtschaft hat das – aller Mängel zum Trotz – ermöglicht und den Osten Deutschlands an vielen Orten wieder zum Leuchten gebracht.  Begleitet von einem Staat, der sich zurückhält, der Maß hält und Eigenverantwortung fördert – der seine Bürger wie Erwachsene behandelt, nicht wie Schutzbefohlene oder Untergebene.

 

Deutschland war schon immer stark, wenn es zuversichtlich nach vorne blickt. Das ist das helle Deutschland. Und anstatt hier wieder abzudunkeln, sollten wir das Licht anknipsen. Am 26. September haben wir eine gute Möglichkeit dazu. 

 

Ich wünsche Ihnen einen sonnigen September und – eine kluge Wahl !

In diesem Sinne grüßt Sie herzlich,

Ernst-M. Ehrenkönig
CEO/ Managing Partner

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