Wohnungsnot in Deutschland – Was wir aus römischem Erbe lernen können

Zum Jahreswechsel hatte ich das Privileg, Rom zu besuchen – eine Stadt, die seit Jahrtausenden Geschichte atmet. Beim Spaziergang durch das Forum Romanum, dem Herzen des antiken Roms, fiel mir eines besonders auf: Die Römer wussten, wie man baut. Monumentale Tempel, das gewaltige Kolosseum, das imposante Pantheon – alles Zeugnisse eines Baubooms, der das Reich einst reich machte. Vor rund 2000 Jahren investierte Rom massiv in Infrastruktur, Wohnraum und öffentliche Gebäude. Der Bau war nicht nur eine Notwendigkeit, sondern ein strategischer Treiber für Wohlstand und Wachstum.

Und dann kehrte ich zurück nach Berlin – eine Stadt, die mit einer ganz anderen Realität kämpft. Wohnungsnot, explodierende Mieten und eine Bauwirtschaft, die trotz steigender Nachfrage stagniert. Während in der Ewigen Stadt einst visionäre Bauherren mit staatlicher Unterstützung die Stadt entwickelten, fehlt es uns heute an den richtigen Anreizen, um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen.

Aktuell liegt der Bauüberhang – also bereits genehmigte, aber noch nicht gebaute Wohnungen – in Berlin bei rund 20.000 Einheiten. Bundesweit hochgerechnet werden es ca. 250.000 sein. Warum also passiert so wenig? Die Antwort ist klar: Angesichts hoher Baukosten und noch zu hoher Zinsen sind die vorhandenen staatlichen Anreize für Investitionen in den Mietwohnungsneubau schlichtweg viel zu gering.

Dabei zeigt ein Blick in unsere jüngere Geschichte, dass es anders geht. Der Wiederaufbau der ehemaligen DDR war nur durch großzügige steuerliche Förderungen erfolgreich. Mit gezielten Anreizen wurde privates Kapital mobilisiert, und ein Wohnungsboom folgte. Warum greifen wir nicht auf dieses bewährte Instrument zurück?

Stellen wir uns vor, es gäbe eine Sonderabschreibung von beispielsweise 10 % pro Jahr über zehn Jahre auf Neubauinvestitionen in den Wohnungsbau. In meinen zahlreichen Gesprächen mit Projektentwicklern und Bauträgern wurde mir bestätigt: Ein solcher Anreiz würde die Bauwirtschaft sofort beleben. Verknüpft mit energetischen Standards und der Verpflichtung, die Wohnungen mindestens zehn Jahre zu vermieten, könnte dies nicht nur den Wohnungsmarkt entlasten, sondern auch dem Klimaschutz dienen.

Die Sorge um sinkende Steuereinnahmen ist unbegründet. Ein neuer Bauboom würde langfristig mehr Einnahmen generieren als die temporären Einbußen durch steuerliche Vergünstigungen. Arbeitsplätze würden geschaffen, die Wirtschaft angekurbelt – ein Gewinn für alle.

Doch bislang fehlt eine solche Initiative in den Programmen der politischen Parteien. Die anstehenden Neuwahlen bieten eine Chance, dies zu ändern. Welche Partei wird das Potenzial erkennen und den Mut haben, das Thema in den Koalitionsverhandlungen auf die Agenda zu setzen?

Es bleibt abzuwarten, ob wir aus der Geschichte lernen oder weiterhin von Lösungen träumen, während die Wohnungsnot immer drängender wird.

Die Römer haben uns vorgemacht, wie es geht – es wird Zeit, dass wir uns ein Beispiel nehmen.

Ernst-M. Ehrenkönig · CEO & Managing Partner

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